16.07.2012 – Der ehemalige Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, Otmar Issing, warnte auf dem 113. Verbandstag der bayerischen Genossenschaften vor einer europäischen Haftungsgemeinschaft. Weder die Zentralbank noch andere Mitgliedsstaaten dürften für die Schulden einzelner EU-Mitglieder haften.
In diesem Sinn kritisierte er die aktuell diskutierten Instrumente zur Lösung der Eurokrise. Denn Eurobonds, Schuldentilgungsfonds sowie eine Fiskal- und Bankenunion ohne das Rahmenwerk einer Politischen Union hätten eines gemein: Sie bedeuteten die Übernahme der Haftung für Schulden und fehlerhafte politische Entscheidungen von Krisenstaaten durch diejenigen Staaten, die solide gewirtschaftet haben. Für Deutschland würde das unweigerlich den Verlust seines Triple-A-Ratings und höhere Zinszahlungen bedeuten. Zudem erteilte Issing einer Europäisierung der Einlagensicherung eine klare Absage. Denn dies entspräche der Enteignung deutscher Sparer.
Auch Stephan Götzl, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern, kritisierte in seiner Grundsatzrede das politische Handeln auf europäischer Ebene: „Die Lösungsvorschläge für eine stabilere Währungsunion stehen den Prinzipien entgegen, auf denen die Europäische Union gegründet wurde.“ An die Politik gerichtet forderte er deshalb bei der Gestaltung der Regeln des Euroraums eine Rückbesinnung auf die gemeinsamen Werte: „Vor allem Subsidiarität, Solidarität, Demokratie und nicht zuletzt Freiheit müssen als Maßstab angelegt werden, um die gegenwärtige Krise zu meistern.“
So gebiete das Prinzip der Subsidiarität den Mitgliedsstaaten, zuerst eigene politische Anstrengungen zu strukturellen Reformen zu unternehmen und erst dann die Solidarität anderer Staaten einzufordern. Zugleich biete Subsidiarität einen wichtigen Schutz gegen Uniformität. Götzl: „Bei allem, was jetzt politisch getan wird, geht es auch darum, die Vielfältigkeit Europas zu erhalten. Die Stärke Europas steckt in der Vielfalt seiner Ideen.“
Autor(en): Bankmagazin
Bild: Schmuttel / pixelio.de