USA am Pranger

So langsam spitzt sich die Lage zu. Die Preise für Rohstoffe explodieren, die Inflationsraten ziehen spürbar an, noch deutlichere Preissteigerungen im Jahresverlauf sind zu befürchten. Klare Warnzeichen, bei denen die Notenbanken rasch eingreifen müssten, um das Ziel der Preisstabilität nicht nachhaltig zu gefährden. Eine Erhöhung des Leitzinssatzes scheint also unvermeidlich.

Die Europäische Zentralbank hat zumindest schon reagiert und einen baldigen Zinsanstieg angekündigt. Bereits Ende April soll es zur von vielen lange erwarteten Zinswende kommen. Notwendig wäre diese allerdings auch in den USA. Doch dort verschließt die Notenbank Fed offenbar die Augen vor der Realität. Man rechne nur mit einem vorübergehenden Preisschub, hieß es kürzlich.

Damit scheinen die hochverschuldeten Amerikaner nicht aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt zu haben. Noch immer werden die Märkte mit billigem Geld versorgt, eine neue Blase förmlich provoziert. Der große Investor Pinco, eine Tochter der Allianz-Gruppe, hat nun die Konsequenzen gezogen und sich von all seinen US-Staatsanleihen getrennt. Aus Kritik an der untätigen Notenbank, aber auch aus Furcht vor einem herben Verlust mit den einst als sicher geltenden Papieren.

Schon gelesen?

Die Leipziger Buchmesse öffnet in wenigen Tagen, im Herbst trifft sich die Branche dann wieder in Frankfurt am Main. Die Stimmung in den Messehallen und auf den Verlagspartys wird wie auch in den vergangenen Jahren gut bis euphorisch sein. Spannende Neuerscheinungen werden gelobt, alte Bestsellerautoren lassen sich feiern. Doch am Buch-Himmel ziehen dunkle Wolken auf.

Was andere Branchen, zum Beispiel die Musik- und die Filmindustrie, schon durchgemacht haben, steht hier noch im großen Ausmaß bevor: Das Eindringen der Digitalisierung in festgefahrene Vertriebs- und Marketingwege. Gewiss, auch auf der Buchmesse spielen eBooks schon seit ein paar Jahren eine Rolle – aber wenn man sich auf den Messen genau umschaut, noch immer eine untergeordnete.

Der typische Buchleser trennt sich – verständlicherweise – nicht so gerne von seinen Lesegewohnheiten wie ein Musikliebhaber, der die neuesten Songs gerne sofort hören möchte und damit aus dem Internet laden muss. Dieses Beharren gilt jedoch nicht für die nun nachwachsende Generation, die keine Berührungsängste mit eBooks hat und Papierbücher, wenn überhaupt, nur noch bei Amazon bestellt, aber nicht in Buchläden.

Ein Schrumpfen der Buchhandels- und Verlagsbranche ist damit langfristig, auch in Deutschland, nicht zu verhindern. In den USA ist diese Entwicklung schon fortgeschritten. Mehr als acht Prozent der Bücher (in Deutschland weniger als ein Prozent) werden dort bereits in digitaler Form verkauft. Die große amerikanische Buchhandelskette Borders mit mehr als 1000 Filialen steht vor dem Aus. Deren Manager haben die Digitalisierung verschlafen, Schulden in Milliardenhöhe angehäuft und nun Insolvenz anmelden müssen.

Nur ein Traum

Kaum läuft die Wirtschaft etwas besser, sprechen einige Politiker bereits wieder von „Vollbeschäftigung“. Volkswirte erinnern sich dann an die Beveridge-Kurve. Der britische Ökonom Wiliam Henry Beveridge beschrieb Vollbeschäftigung als ein Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt, bei der alle Produktionsmittel ausgelastet sind. Allgemein wird dabei von einer Arbeitslosenquote zwischen zwei und drei Prozent ausgegangen.

Ein Zustand, von dem Deutschland dann doch noch weit entfernt ist. 7,9 Prozent beträgt die aktuelle Arbeitslosenquote, das sind rund 3,3 Millionen Menschen. Ein Wert, der schon mal deutlich höher lag, aber noch weit von einer Vollbeschäftigung entfernt ist. Besonders, wenn man berücksichtigt, dass die Zahl der Arbeitssuchenden eigentlich viel höher ist.

„Die verdeckte Arbeitslosigkeit liegt in Deutschland derzeit etwa doppelt so hoch“, sagte dann auch Rolf Steil vor dem Club Hamburger Wirtschaftsjournalisten. Der Leiter der Hamburger Arbeitsagentur ist daher eher skeptisch, was eine mögliche Vollbeschäftigung angeht. Das Arbeitskräftepotenzial gehe in den nächsten Jahren zwar zurück und theoretisch müsste ein Ausgleich stattfinden, doch diese Rechnung berücksichtigt nicht die geringe Qualifikation vieler Menschen.

Denn die Jobs werden komplizierter, einfache Tätigkeiten zunehmend maschinell erledigt. Seine Forderung an die Politik lautet daher: mehr Bildung und mehr Zuwanderung. „Davor haben wir uns lange genug gedrückt. Doch als schrumpfende Nation müssen wir endlich in den Wettbewerb um hochqualifizierte Arbeitnehmer treten“, so Steil. Ein Weg, den alle westeuropäischen Länder gehen müssen, um nicht den Anschluss zu verlieren. Von der Vollbeschäftigung kann dann später immer noch geträumt werden.

Vorrang für Boni

Vor zwei Jahren stand es ziemlich schlecht um die Commerzbank. Nur mit Staatshilfe konnte das zweitgrößte deutsche Geldhaus gerettet werden. Nach der Gründung einer eigenen „Bad Bank“ stieg der Bund im Mai 2009 mit 25 Prozent plus einer Aktie bei der Commerzbank ein. Damit war die Großbank teilverstaatlicht, für viele Ökonomen ein unglaublicher Vorgang.

Mittlerweile steht die Commerzbank wieder besser da. Gestern vermeldete das Institut einen Milliardengewinn – das Konzernergebnis für das vergangene Jahr lag bei rund 1,4 Milliarden Euro. „2010 war in vielerlei Hinsicht ein erfolgreiches Jahr für die Commerzbank“, sagte dann auch der Konzernchef Martin Blessing bei der Präsentation der Zahlen.

Ein guter Zeitpunkt also, um langsam an die Rückzahlung der Steuergelder von insgesamt 16 Milliarden Euro zu denken. Doch Fehlanzeige. Immerhin: Die Staatshilfen sollen laut Blessing nun schon 2011 um einen „signifikanten Betrag“ zurückgeführt werden. Eine verbindliche Aussage hört sich irgendwie anders an.

Verbindlich sind allerdings die Boni-Zahlungen, welche die Commerzbank bereits wieder an die Mitarbeiter ausschüttet. Stolze 440 Millionen Euro wurden hier für 2010 gezahlt. Das ist sicherlich schön für die Angestellten der Commerzbank, aber eher schlecht für den Steuerzahler. Doch der ist ja heutzutage einiges gewohnt.

Unruhen sorgen für Unruhe

Nach Tunesien und Ägypten nun auch Libyen. Der nachvollziehbare Aufstand der Bevölkerung gegen die Diktatoren setzt sich von Land zu Land fort. In Libyen ist die Lage nun besonders heftig eskaliert, das Gaddafi-Regime geht äußerst brutal gegen die Protestler vor. Eine Situation, die neben aller menschlichen Tragik auch wirtschaftliche Folgen hat.

Denn Libyen ist einer der größten Erdöllieferanten. Und der Markt für diesen Rohstoff schätzt neben Knappheit vor allem eines nicht: Unsicherheit. Als Folge der Unruhen stieg der Ölpreis daher für diverse Sorten an nur einem Tag um teilweise mehr als zehn Prozent und liegt damit auf dem höchsten Stand seit zweieinhalb Jahren. Eine Entwicklung, die sich in den kommenden Tagen noch fortsetzen könnte.

Zu groß sind die Unsicherheiten in Libyen und anderen ölreichen Ländern. Was passiert zum Beispiel, wenn es auch in Saudi-Arabien zu einem Aufstand kommt? Für die Weltwirtschaft bedeutet das eine zusätzliche Belastung. In den vergangenen Monaten hatte die Inflationsrate bereits deutlich angezogen, die verteuerten Energiepreise könnten nun für einen weiteren Schub sorgen, der schon bald auf die Verbraucherpreise durchschlägt.

Fragliches Frühwarnsystem

Wenn es mit einem Land wirtschaftlich bergab geht, dann macht sich das oft auf vielen unterschiedlichen Ebenen bemerkbar. Eine klare Sache also – möchte man denken. Doch wenn man konkrete Indikatoren für eine finanzielle Fehlentwicklung festlegen möchte, gestaltet sich das schwierig. Besonders, wenn daran gleich mehrere Staaten mit unterschiedlichen Interessen beteiligt sind.

So hat es auch eine Weile gedauert, bis es auf dem G20-Treffen der wichtigsten Industrienationen der Welt an diesem Wochenende in Paris zu einem vorzeigbaren Ergebnis kam. Herausgekommen ist eine Art Frühwarnsystem, mit der folgenschwere Ungleichgewichte in einzelnen Volkswirtschaften angezeigt werden können.

Zu den Indikatoren sollen die realen Wechselkurse, die Leistungsbilanzen sowie die Quote der Staatsschulden gehören. Das liest sich soweit erst einmal gut. Doch fraglich scheint, ob mit diesen Indikatoren wirklich Fehlentwicklungen wie die jüngste Wirtschaftskrise rechtzeitig erkannt werden. Zudem wurde bislang nicht bekannt, was genau passieren soll, wenn dieses Frühwarnsystem Alarm schlägt.

Wirbel um Spitzenbanker

Axel Weber, seit 2004 Präsident der Deutschen Bundesbank, tritt von seinem Amt zurück. Diese Meldung sorgte in der vergangenen Woche für große Aufregung in der Branche. Galt Weber doch als potentieller Nachfolger des Franzosen Jean-Claude Trichet an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB).

Seinen Rückzug begründete Weber mit fehlendem Rückhalt im EZB-Rat. So hatte er sich in der Finanzkrise gegen den dann doch durchgeführten Ankauf von Staatsanleihen ausgesprochen und auch dagegen gestimmt. „Eine Notenbank muss sich immer bewusst sein, welches Risiko sie eingeht, sobald sie im Grenzbereich von Geld- und Fiskalpolitik handelt“, erneuerte Weber in einem Interview mit dem Magazin „Der Spiegel“ seine Kritik.

Während Weber nun zunächst wieder als Professor arbeiten möchte, sind die Chancen Deutschlands auf die Besetzung des einflussreichen EZB-Chefpostens rapide gesunken. Schnell wurde jedoch ein Nachfolger für die Bundesbank-Spitze gefunden. Jens Weidmann, ein ehemaliger Student Webers, wird diesen Job schon im Mai übernehmen.

Eine Personalie, die nicht unumstritten ist, denn Weidmann war bis dato wirtschaftspolitischer Berater der Bundeskanzlerin. Nicht die beste Voraussetzung also für den künftigen Chef einer Notenbank, die sich der Unabhängigkeit von der Politik verschrieben hat. Ob er weiter bedingungslos am Ziel der Geldwertstabilität festhält, wird sich zeigen. Die Inflation hat ja in diesen Tagen schon vorlaut an die Tür geklopft.

Wall Street am Main

Die Liste gescheiterter Fusionen in der Wirtschaftswelt ist lang. Prominentestes Beispiel ist sicherlich die so genannte „Welt AG“ zwischen dem deutschen Automobilhersteller Daimler und dem US-Unternehmen Chrysler – das als „Hochzeit im Himmel“ groß angekündigte Zusammengehen der beiden Konzerne hielt nur neun Jahre und war von Krisen geprägt.

Nun wurde in dieser Woche erneut eine gigantische Fusion angekündigt. Die Deutsche Börse und die New York Stock Exchange möchten ihr Geschäft zusammenlegen. Doch die Bedenken sind groß, sollte doch als eine Lehre aus der Wirtschaftskrise versucht werden, keine neuen Finanzriesen mehr aufzubauen. Denn ungeachtet der noch unklaren Details würde hier die größte Börsenorganisation weltweit entstehen.

Zwar soll die kürzlich von Frankfurt am Main nach Eschborn umgesiedelte Deutsche Börse eine Mehrheit am neuen Unternehmen halten, Gewerkschafter fürchten jedoch einen massiven Arbeitsplatzabbau. Kaum zu bewältigen scheint darüber hinaus die komplexe Struktur beim Zusammengehen der Konzerne, die diversen staatlichen Regeln und Gesetzen unterliegen. Eine Megafusion, die selbst für Experten kaum zu überblicken ist – doch der Spruch „Weniger ist mehr“ scheint in der Branche noch immer nicht zu zählen.

Neue Standards

In jedem größeren Supermarkt findet der Kunde hierzulande wahrscheinlich um die hundert verschiedene Sorten Käse oder Joghurt. Eine Vielfalt, die zwar nicht notwendig ist, aber von vielen Verbrauchern als angenehm empfunden wird. Bei technischen Produkten ist die Auswahl oft genauso groß, doch hier fühlen sich die meisten Kunden überfordert und wären auch mit weniger Wahlmöglichkeiten zufrieden.

Diese angebotene Vielfalt hat jedoch jenseits des meist fehlenden technischen Überblicks weitere Negativfolgen: Hat man sich zum Beispiel für ein bestimmtes Handy entschieden, dann wird auch ein entsprechendes Ladekabel dafür benötigt. So entstehen weitere Kosten, denn das vom alten Gerät passt garantiert nicht zu dem Neuerwerb und ist damit nur noch Elektroschrott. 50.000 Tonnen Müll kommen dadurch jedes Jahr zusammen, von dem nur etwa ein Drittel die Recyclinghöfe erreicht.

Ein Zustand, der nun auf Druck der EU-Kommission geändert wird. Netzteilreform nennt sich die neue Regelung, an der sich 14 Hersteller von Mobilfunkgeräten per Selbstverpflichtung beteiligt haben, darunter namhafte Branchengrößen wie Apple, Nokia und Motorola. Gewiss ein Schritt in die richtige Richtung, der Vorbild für viele andere Produktgruppen wie zum Beispiel Notebooks oder Digitalkameras sein sollte.

Klick! Mich! An!

Auch die Deutsche Bank präsentiert sich zeitgemäß im Internet und hat nun sogar Teile der aktuellen Bilanzpressekonferenz auf YouTube eingestellt. Ein Renner sind diese Mitschnitte bislang nicht: Die „Eckpunkte zum Geschäftsjahr 2010“ wurden an den ersten beiden Tagen nur 270 mal aufgerufen, für die „Strategischen Investitionen zur Neuausrichtung“ interessierten sich lediglich 90 Internetnutzer, auch der gewiss aufwändig produzierte Film „Highlights 2010“ bringt es bislang nur auf 290 Aufrufe.

Man bedenke dabei, dass die Deutsche Bank 80.000 Mitarbeiter hat. Doch was nicht ist, kann ja noch werden. Zum Glück gibt es die traditionellen Medien. Und zumindest für Wirtschaftsredakteure sind die Jahreszahlen der größten Bank des Landes immer noch ein Höhepunkt der Berichterstattung. In den Artikeln geht es um die Zahlen und die Zukunft des Geldhauses – und um die Frage, wer Nachfolger des Konzernchefs Josef Ackermann wird.

Der Vertrag des Schweizers läuft bis zum Frühjahr 2013. Das sind zwar noch zwei Jahre, doch die Spekulationen um seine Nachfolge an der Spitze der Deutschen Bank werden immer intensiver. Bis zu einer Entscheidung über die wichtigste Personalie der hiesigen Bankenlandschaft wird sicher auch der YouTube-Kanal der Deutschen Bank einige Klicks mehr aufweisen. Zu den deutlich höheren Besucherzahlen von Persiflagen über das bekannte Geldinstitut ist es aber noch ein weiter Weg.